28.04.2022: TABUS in der Plastische Chirurgie: Darf man etwas an sich machen lassen?
Der ästhetische Blickwinkel ist in der Plastischen Chirurgie relevant bei der Entscheidung, was sinnvoll ist oder was wir ablehnen. Mehr dazu hier!
Wir Menschen sind - was unser Aussehen betrifft - das Ergebnis unserer Gene, fortlaufend modifiziert durch die ablaufende Lebenszeit und durch die schädigenden Einflüsse unserer Umwelt und durch unsere eigene Lebensweise.
Die Gene - sind gegeben, das Geschenk des Lebens. Manche haben in dieser genetischen Lotterie mehr Glück, andere weniger. Dürfen wir dieses "Geschenk des Lebens" ändern wollen?
Und was ist mit den "Spuren des Lebens"? Licht (UV Strahlung, Zeit (Alter) und Umweltgifte verändern uns. Manches können wir beeinflussen (Rauchen, Sonnebaden) anderes - Zeit - nicht. Dürfen wir diese Spuren des Lebens beeinflussen, gar unsichtbarer machen?
Immer wieder sitzen Patient:innen vor uns, die sinngemäß sagen: Eigentlich gehöre ich ja zu denen, die so etwas ablehnen. Ich habe lange mit mir gerungen, aber jetzt muss es sein. Ich wünsche mir -zum Beispiel - eine Beratung zu Tränensäcken. Interessant ist die Beobachtung, dass die Zurückhaltung gegenüber bestimmten Eingriffen umso kleiner ist, je mehr Tradition der jeweilige Eingriff im gesellschaftlichen Umfeld hat.
Nehmen wir als Beispiel die Zahnmedizin. Zahnersatz gibt es seit der vorchristlichen Zeit. Bereits die Etrusker haben Zähne ersetzt. Wer heute einen sichtbar fehlenden Zahn nicht ersetzt, hat meist nicht die notwendigen finanziellen Mittel. Ohne einen Schneidezahn zu leben wäre gesellschaftlich inakzeptabel, es würde stigmatisierend wirken. Und dennoch: es wäre nichts anderes, als die Natur und ihren Lauf zu akzeptieren. Genau wie bei Tränensäcken. Rein aus funktionellen Gründen brauchen wir kein vollständiges Gebiss - sichtbare Lücken stören weniger beim Beissen als beim Vorstellungsgespräch oder beim ersten Date.
Wir stellen fest: Es wird mit zweierlei Mass gemessen: altbekannte Verfahren sind gesellschaftlich nicht nur akzeptiert, sondern sogar gefordert. Neuere Verfahren gelten als frevelhaft oder als Tabu. Wenn die Eltern es aber auch schon gemacht haben, fällt das Tabu. Wenn schon die Etrusker, erst recht.
Wir als Chirurgen sehen die Grenze zwischen dem, was wir für sinnvoll erachten und dem was wir eher ablehnen nicht im Bereich des Moralischen, sondern urteilen und beraten eher aus dem ästhetischen Blickwinkel: immer dann wenn es gewünscht wird und wir etwas anbieten können, was natürlich wirkt und wahrscheinlich keine sichtbaren Folgen hinterlässt, kann es sinnvoll sein. Menschen, die sich aus moralischen Gründen nicht trauen, es sich aber innerlich doch so sehr wünschen, wollen wir mit dem naheliegenden Vergleich zum Zahnersatz Mut machen.
Die Schattenseite der Plastischen Chirurgie ist das operiert oder behandelt aussehende Ergebnis. Ganz genauso unschön im Übrigen wie ein als solcher sofort zu erkennender Zahnersatz. Sie vor so etwas zu bewahren, ist die Aufgabe eines verantwortungsvollen Operateurs. Tabus aber brauchen wir nicht.
Wenn Sie Fragen zu unseren Behandlungen haben, kontaktieren Sie uns gerne - wir freuen uns darauf!